Feivel vom Birkenkamp

Lange hatte ich es erwartet: am 29. Mai 2015

legte sich Sunny in der Wiese hin und brachte unter den Augen der erstaunten Stutenherde den kleinen Braunfalbscheckhengst zur Welt - und ich durfte dabei sein !

Gemeinsam mit ihrer Mutter Isa leckte sie das Fohlen trocken und es hätte nur aufstehen müssen, um an Mamas Gesäuge das so wichtige Kolostrum zu trinken.

Als Feivel sich nach 2 Stunden immer noch nicht hingestellt hatte, brachte ich ihn und Sunny in die große Fohlenbox und melkte die Stute ab. Feivel trank sofort mit großem Appetit. Dies wiederholte ich nachts und am nächsten Tag im Abstand von 3 Stunden, immer in der Hoffnung "da ist nur was verrenkt- der Kleine steht bald auf".

Die Diagnose des Tierarztes zerstörte diese Hoffnung: Patella-Luxation an beiden Kniescheiben !

Feivel konnte nicht aufstehen, obwohl er es immer wieder versuchte. Die Kniescheiben saßen nicht fest in ihren Führungen und sprangen bei jedem Versuch heraus. Ein Pferdeleben ist nicht lebenswert, wenn es nicht laufen kann, das war mir klar....

Telefonate mit einer Tierklinik und auch eine Pferde-Physiotherapeutin machten mir etwas Mut: eventuell könnte man es mit viel Training hinbekommen. Nach 2 Tagen konsultierten wir einen weiteren Tierarzt, der mir klipp und klar sagte: "die einzige Chance hat der Kleine, wenn wir operieren und zwar zeitnah beide Knie nacheinander". Ich recherchierte, überlegte, besprach das mit der Familie... Feivel war ein so mutiger und lebensfroher kleiner Hengst und nach 3 Tagen Füttern mit der Flasche gab es nur eine Antwort : wir versuchen es !

Direkt am nächsten Morgen brachte ich ihn (mit meinem PKW) in die Praxis. Feivel war mittlerweile fast entwöhnt, denn wenn nur alle 3 Stunden abgemolken wird, versiegt Mamas Quelle nach und nach. Sunny blieb nervös zuhause im Stall zurück. Die Operation verlief gut und am späten Nachmittag durfte ich den Kleinen mit nach Hause nehmen. Kaum wieder fit und nach der nächsten Flasche versuchte er sofort, aufzustehen.

Er erholte sich bestens, im 2Tages-Rhythmus fuhr ich mit ihm zum Tierarzt und 6 Tage nach der OP kam die schwere Schiene ab. Leider verheilte die Wunde nicht so gut, bei mir im Stall gab es nun mal Fliegen und 2 Tage später musste Feivel einmal beim Tierarzt in einer Iso-Box übernachten, damit die Wunde an der Luft abtrocknen konnte.

Sunny konnte mittlerweile wieder auf die Wiese, wo sie die anderen sehen konnte, verhielt sich aber immer sehr fürsorglich zu ihrem Fohlen. Bei gutem Wetter trug ich den Kleinen raus und die frische Luft schien ihm zu gefallen und zu seiner Genesung beizutragen. 14 Tage war er alt, als er zum 2. Mal operiert wurde.

Diese OP war sehr schwierig, das Knie war bereits fast steif und der Tierarzt machte mir klar, dass es nicht unbedingt gut ausgehen musste.

Wir vereinbarten, Feivel aufwachen zu lassen und dann zu sehen, wie er es verkraftet hatte, aktive Tierquälerei wollten wir nicht betreiben !

Als ich nach (schrecklich langen) 6 Stunden in die Praxis fuhr, konnte Feivel auf 4 Beinen stehen !

Der Tierarzt selbst war begeistert, wie stark das Hengstchen war. Feivel war fit und wieherte zuhause sofort wieder nach der nächsten Mahlzeit!

Wie angeordnet stellte ich ihn alle 30 Minuten auf die Beine, die nächsten Tage sollte er ordentlich trainieren, denn seine Muskeln waren ja nicht wirklich gut entwickelt.

Die Nachtflasche trank er noch mit ordentlichem Appetit ...

Als ich dann frühmorgens den Stall betrat, begrüßte mich kein fröhliches Fohlenwiehern. Feivel lag matt in der Box bei seiner Mama, der man auch anmerkte, dass irgend etwas gar nicht stimmte.

Die angebotene Flasche beachtete er gar nicht. Ich versuchte, ihn etwas aufzurichten, um seinen Kreislauf anzukurbeln, aber ich merkte schnell, dass das alles nicht half.

Feivel starb neben mir im Stroh liegend, als hätte er auf mich gewartet ....

Der Tierarzt war genauso entsetzt wie ich - nichts hatte am Abend vorher darauf hingewiesen, dass der Kleine es nicht schaffen würde !

Es muss eine Embolie gewesen sein, die man nicht hatte erkennen können.

So tragisch die Geschichte vom kleinen Feivel auch ausgegangen ist , sie soll dennoch allen Mut machen, ein kleines Leben, das leben will, nicht einfach aufzugeben.

Bei einem Fohlen, das mir von Beginn an so deutlichen Lebenswillen zeigt, würde ich es jederzeit wieder genau so machen !

Ich habe einen Urlaub abgesagt, meine Familie ist zu kurz gekommen und trotzdem war es jeden der 14 Tage wert, die der kleine Hengst bei mir sein durfte !

Jetzt kannst du galoppieren, kleiner Feivel ....